Warum wir dringend über Endometriose sprechen müssen
aum eine Krankheit wird so oft nicht diagnostiziert oder zu spät erkannt wie Endometriose. Doch was ist Endometriose überhaupt? Wir beleuchten heute die Krankheit genauer und schauen uns potenzielle Symptome an, die auf eine Endometriose hindeuten können. Ebenfalls erklären wir dir, was du tun kannst, wenn du selbst betroffen bist und auch, was diese Diagnose für einen Kinderwunsch bedeutet.
Was ist Endometriose?
Hättest du’s gewusst? Tatsächlich zählt die Endometriose zu den häufigsten gynäkologischen Erkrankungen. Wie viele Frauen weltweit davon betroffen sind, ist schwer zu schätzen, da dazu schlicht und einfach die Datenlage fehlt und viele Frauen gar nicht wissen, dass sie betroffen sind bzw. bei ihnen noch keine Endometriose diagnostiziert wurde. Grob geschätzt leiden aber etwa zwischen 7 und 25% aller Mädchen und Frauen im fruchtbaren Altern, vor allem zwischen 25 und 35 Jahren, an Endometriose. Im Schnitt dauert es in etwa aber trotzdem ganze 10 (!) Jahre, bis diese festgestellt wird.
Der Name der Erkrankung leitet sich von drei altgriechischen Wörtern ab: „endon“ (dt. innen, innerhalb), „metra“ (dt. Gebärmutter) und „osis“ (dt. Krankheit) und bezeichnet gutartige, meist jedoch schmerzhafte Wucherungen aus gebärmutterschleimartigem Gewebe, das außerhalb der Gebärmutterhöhle, oft in benachbarten Organen oder Gewebe, wächst. Häufig kommen diese sogenannten „Endometriose-Herde“ im unteren Bauch oder Beckenraum, an den Eierstöcken, in den Eileitern, den tieferen Wandschichten der Gebärmutter oder sogar im Darm vor. Prinzipiell kann dieses Gewebe aber an jeder Stelle im Körper wachsen.
Das Problem dieser Endometriose-Herde ist, dass sie sich verhalten wie die normale Gebärmutterschleimhaut. Das heißt konkret, sie werden im Laufe des Monatszyklus auf- und wieder abgebaut und bluten bei jeder Regelblutung mit. Anders als bei der herkömmlichen Menstruation können das Blut und die abgebauten Gewebsreste allerdings nicht vaginal abfließen, sondern sie fließen in die Umgebung der Endometriose-Herde, wo sie sich schließlich ansammeln.
Oft kann der Körper diese Blutansammlungen unbemerkt wieder abbauen, in vielen Fällen können diese immer wiederkehrenden Blutansammlungen jedoch zu Entzündungen, Verwachsungen, Narbenbildungen und (Blut)-Zysten führen, wodurch unterschiedliche Beschwerden und Schmerzen auftreten können. Manche Frauen empfinden bereits das Anwachsen der Endometriose-Herde im Laufe des Zyklus als sehr schmerzhaft.
Welche Ursachen hat Endometriose?
Schlechte Nachrichten, die genauen Ursachen der Endometriose sind bis jetzt leider noch nicht genau geklärt. Was jedoch als gesichert gilt, ist, dass bei der Entstehung von Endometriose wohl mehrere Faktoren zusammenspielen:
Ein solcher Faktor könnte die „retrograde Menstruation“ sein. Dieser Begriff bezieht sich darauf, dass es während der Regelblutung dazu kommen kann, dass ein Teil des Regelbluts in die „falsche“ Richtung fließt und so über die Eileiter in den Bauchraum gelangt. Das ist per se nicht besorgniserregend, da das bei etwa neun von zehn Frauen mehr oder weniger vorkommt. Allerdings wird vermutet, dass sich dabei unter bestimmten Umständen Reste der Gebärmutterschleimhaut im Bauchraum ansiedeln können, wodurch Endometriose-Herde entstehen können. Diese Theorie wird auch Implantations- oder Transplantations-Theorie genannt.
In eine andere Kerbe schlägt die Metaplasie-Theorie. Diese besagt, dass die Schleimhautzellen der Endometriose-Herde direkt an Ort und Stelle (etwa in den Eierstöcken) entstehen. Aus noch unbekannten Gründen entwickeln sich diese aus den Zellen vor Ort, die während der Entwicklung im Mutterleib aus den gleichen embryonalen Zellen hervorgegangen sind wie die Gebärmutterschleimhautzellen.
Ebenfalls einen Einfluss bei der Entstehung von Endometriose haben auch individuelle genetische Faktoren, da das Risiko, an Endometriose zu erkranken, wenn bereits die eigene Mutter dieses Problem hatte, etwa 6-fach so hoch ist.
Symptome einer Endometriose
Das häufigste Symptom der Endometriose sind Unterleibsschmerzen sowie Krämpfe. Diese treten entweder vor oder zeitgleich mit der Regelblutung auf, können aber auch mitten im Zyklus auftreten und sich mit der Regelblutung verschlimmern.
Je nachdem, an welcher Körperstelle sich die Endometriose-Herde befinden, können abgesehen von Menstruationsbeschwerden weitere Beschwerden wie Schmerzen beim Geschlechtsverkehr oder Schmerzen beim Stuhlgang oder Wasserlassen auftreten.
Gut zu wissen: Die Größe und die Verbreitung der Endometriose-Herde sagt nichts über die Stärke der Symptome aus. Manchmal verursacht ein sehr kleiner Endometriose-Herd sehr starke Beschwerden, wohingegen eine ausgeprägte Endometriose sogar beschwerdefrei verlaufen kann.
Diagnose
Wie bereits eingangs erwähnt, wird eine Endometriose oft erst sehr spät erkannt, da Beschwerden oft nicht erkannt oder nicht ernst genommen werden (Stichwort, ach die bisschen Regelschmerzen sind doch „normal“).
Hat man einen konkreten Verdacht auf Endometriose, etwa, weil man unter starken Regelschmerzen leidet oder etwa auch eine Schwangerschaft ausbleibt (dazu später mehr), sollte man eine*n Spezialist*in aufsuchen. Nach einem Anamnese-Gespräch führt diese*r eine vaginale Ultraschalluntersuchung durch. Sind die Endometriose-Wucherungen bereits sehr groß oder für den Fall, dass sich schon Zysten gebildet haben, können sie so erkannt werden. Kleinere Herde oder Verwachsungen sieht man durch den Ultraschall aber leider nicht.
Die einzige medizinische Methode, um eine Endometriose sicher festzustellen, ist die Laparoskopie oder Bauchspiegelung, ein kleiner operativer Eingriff. Bei diesem Eingriff wird durch einen schmalen Schnitt in Nabelnähe eine Kamera in die Bauchhöhle eingeführt und so der Bauchraum untersucht. Werden Wucherungen entdeckt, können diese bereits entfernt werden. Ist man sich unsicher, können Gewebsproben – sogenannte Biopsien- entnommen werden, die danach anschließend mikroskopisch untersucht werden, um die Diagnose zu bestätigen.
Wie behandelt man eine Endometriose?
Noch gibt es leider keine Therapie, die zu einer vollständigen Heilung von Endometriose führt. Das soll jetzt aber kein Grund zur Verzweiflung sein, denn es gibt für Betroffene sehr wohl Wege, die Beschwerden zu lindern und so die Lebensqualität zu verbessern. Grob zusammengefasst lässt sich sagen, dass Endometriose meist mit Schmerzmittel, Hormonpräparaten oder einer Operation behandelt wird.
Greift man auf Schmerzmittel zurück, so werden meist nichtsteroidale Anti-Rheumatika (NSAR) verschrieben. Dazu zählen z.B. Ibuprofen oder Diclofenac, die auch nachweislich gegen starke Regelschmerzen helfen.
Ebenfalls werden Hormonpräparate wie die Anti-Baby-Pille gegen Endometriose eingesetzt, da diese die körpereigene Hormonproduktion in den Eierstöcken unterdrücken und so auch in weiterer Folge den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut. Dadurch wird eben auch der Aufbau der Endometriose-Herde gelindert und Beschwerden können so gelindert werden. Allerdings tritt die Endometriose in den meisten Fällen wieder auf, wenn die hormonelle Behandlung beendet wird, weswegen man für sich selbst evaluieren muss, ob man langfristig auf Hormonpräparate setzen möchte oder nicht.
Die dritte Methode ist die operative Entfernung der Endometriose-Herde. Ähnlich wie bereits bei der Diagnose wird dieser Eingriff unter Vollnarkose mittels Bauch-Spiegelung (Laparoskopie) durchgeführt, seltener ist auch ein größerer Bauch-Schnitt (Laparotomie) notwendig. Die Erfolgschancen einer Operation sind gut, 75 von 100 Frauen haben danach weniger Schmerzen. Allerdings kommt es in einem von fünf Fällen vor, dass sich innerhalb von fünf Jahren nach der Operation neue Endometriose-Herde bilden, weswegen man seine Symptome auch danach genau beobachten sollte und gegebenenfalls rechtzeitig erneut einen Arzt/eine Ärztin aufsuchen sollte.
Im äußersten Extremfall und wenn kein Kinderwunsch (mehr) besteht, kann auch die gesamte Gebärmutter entfernt werden. Da dieser Eingriff aber mit einer Vielzahl an Nebenwirkungen, wie z.B. dem sofortigen Einsetzen der Wechseljahre, verbunden ist, sollte er nur nach reiflicher Überlegung und ausführlicher ärztlicher Beratung durchgeführt werden.
Endometriose bei Kinderwunsch
Eine der häufigsten Fragen, wenn es um Endometriose geht, ist, was diese Diagnose für den eigenen Kinderwunsch bedeutet. Grundsätzlich sprechen die Zahlen keine allzu positive Sprache, da von rund 100 Frauen mit Endometriose 30-50 auch an Unfruchtbarkeit leiden. Bis heute ist allerdings der genaue Zusammenhang zwischen Endometriose und unerfülltem Kinderwunsch nicht hundertprozentig geklärt.
Fakt ist, dass Endometriose-Herde, Verwachsungen und Zysten in den Eileitern oder im Beckenbereich dazu führen können, dass eine Frau nicht schwanger wird, da dadurch der Transport oder die Einnistung einer Eizelle verhindert werden kann oder aber auch die Funktion der Eierstöcke gestört wird. Ebenfalls wird angenommen, dass es dadurch zu Problemen bei der Eizelle-sowie frühen Embryonalentwicklung kommen kann.
Die besten Schwangerschaftschancen hat man in so einem Fall, wenn die Endometriose-Herde operativ entfernt werden. Es gibt Hinweise darauf, dass durch solche Eingriffe die Chance auf eine spontane Schwangerschaft erhöht wird.
Leidet man unter Endometriose und einem unerfüllten Kinderwunsch, macht es auch Sinn, sich rechtzeitig über Möglichkeiten der künstlichen Befruchtung (IVF) zu informieren, um keine wertvolle Zeit zu verlieren. Können nämlich bei einer Frau genügend Eizellen gewonnen werden, wird der Erfolg einer künstlichen Befruchtung durch die Endometriose nicht beeinflusst.
Falls du den Artikel gerade gelesen hast, weil du vielleicht selbst unter Endometriose leidest oder aber den Verdacht hast, unter Endometriose zu leiden, möchten wir dir abschließend auf deinen Weg mitgeben, dass du mit deiner Endometriose-Erkrankung nicht alleine bist, da es leider vielen Frauen so geht. Die Diagnose mag sich anfangs zwar vielleicht wie ein herber Schlag ins Gesicht anfühlen, aber es gibt durchaus Möglichkeiten, die Symptome zu lindern und auch ein Kinderwunsch ist trotz Endometriose nicht immer ausgeschlossen. Wichtig ist, sich frühzeitig medizinische Hilfe zu suchen, nicht aufzugeben und auch psychologische Unterstützung in Anspruch zu nehmen, falls du Hilfe brauchst, um mit dieser Diagnose umgehen zu lernen.
Quellen:
Endometriose (29.04.2024)
Krankheiten und Therapien – Endometriose (29.04.2024)
Gesundheitsinformation – Endometriose (29.04.2024)
H. Liu James (2022), Endometriose
Gesundheit GV – Endometriose (29.04.2024)
Ackermann, Feichter (2022), Endometriose
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