Was ist künstliche Befruchtung (IVF) – mit Dr. Michael Schenk
Du hast bestimmt auch schon das ein oder andere Detail über künstliche Befruchtung (IVF) gehört. Aber was passiert da eigentlich genau und wie sieht der typische IVF-Weg aus? Wir haben mal bei unserem Kinderwunschexperten Dr. med. univ. Michael Schenk nachgefragt.
inen unerfüllten Kinderwunsch zu haben, kann für beide Partner extrem belastend sein. Wenn man bereits sämtliche Möglichkeiten, auf natürlichem Wege schwanger zu werden, probiert hat, bleibt einem oft nur noch die künstliche Befruchtung (IVF- In Vitro Fertilisation) als letzter Ausweg.
Aber was passiert da jetzt eigentlich genau, wie sieht der typische IVF-Weg aus, für wen ist IVF der richtige Weg und welche Schritte gibt es, die man davor in Betracht ziehen kann? Wir sind diesen Fragen auf den Grund gegangen und haben deswegen mit unserem Kinderwunschexperten Dr. med. univ. Michael Schenk gesprochen.
Ab wann sollte man einen IVF-Spezialisten aufsuchen?
Dr. Schenk: Die IVF-Institute sind meistens auch Abklärungsspezialisten. Das heiß, wenn man unter 35 nach zwölf Monaten nicht schwanger wird, dann sollte man sich professionelle Hilfe suchen. Ab 35 sollte man diesen Schritt bereits nach sechs Monaten gehen. Sollten Probleme wie polyzystische Ovarien, Endometriose oder eine Eileiterentzündung vorliegen, dann sollte man sich am besten sofort an einen/eine Expert*in wenden, sobald ein Kinderwunsch besteht.
Was können Gründe dafür sein, dass es mit einer Schwangerschaft nicht klappt?
Dr. Schenk: Oftmals spielt das falsche Timing eine Rolle. Wenn eine Frau nicht genau weiß, wann ihr Eisprung und ihre fruchtbaren Tage sind, dann wird es natürlich schwierig mit einer Schwangerschaft. Deswegen ist mein erster Schritt eigentlich immer, dass ich meinen Patientinnen den smarten Eisprungtracker femSense empfehle. Der Sensorpatch misst zuverlässig die Körpertemperatur, erkennt den postovulatorischen Temperaturanstieg und gibt so Aufschluss, wann und ob ein Eisprung stattgefunden hat. Hat es dann aber nach 3 Monaten immer noch nicht geklappt, sollte man abklären lassen, ob noch andere Ursachen vorliegen.
Welche Schritte sollte man vor einer IVF in Betracht ziehen?
Dr. Schenk: Wenn Paare einen unerfüllten Kinderwunsch haben, unternehmen sie meist bereits von selbst erste Schritte wie LH-Tests, Temperaturmessmethoden und dergleichen. Wir haben Ordinations-intern eine Big Data Analyse gemacht und haben so erkannt, dass Paare im Schnitt erst mit 37 Jahren zu uns kommen. Allerdings wissen sie davor bereits im Durchschnitt seit 5 (!) Jahren, dass sie ein Kind möchten. Diese 5 Jahre verbringen sie meist damit, zu googeln, Freund*innen zu befragen und mehrere Gynäkolog*innen aufzusuchen, bis sie dann schlussendlich bei mir in der Praxis landen. Die Krux ist, dass das wichtigste Kapital, dass die betroffenen Paare haben, die Zeit ist. Das heißt, wir müssen alles tun, damit sie frühzeitig zu Kinderwunschexpert*innen kommen und nicht darüber nachdenken, was sie noch alles vorher tun sollten.
Wie sieht der typische IVF-Weg aus?
Dr. Schenk: Der typische IVF-Weg ist leicht erklärt. Zuerst muss man abklären, ob es körperliche Faktoren wie zum Beispiel einen Vitamin-D Mangel, einen Selenmangel oder eine Schilddrüsenunterfunktion gibt, gegen diese man vorzeitig Medikamente einnehmen sollte. Dann wird um den 20. Tag des Zyklus ein Ultraschall gemacht, der abklärt, wie der weitere Behandlungsverlauf aussehen wird.
Am ersten oder zweiten Tag der drauffolgenden Regelblutung wird eine Blutabnahme gemacht, um zu sehen, ob der spezifische Zyklus hormonell gut ist. Dann beginnt man damit, das FSH (das follikelstimulierende Hormon) in möglichst niedriger Dosierung einzunehmen, um neun bis vierzehn Eizellen zu erreichen. Das kann allerdings unterschiedlich ausfallen, manchmal erreicht man damit auch nur 2-6 Eizellen. Es werden quasi nur die Eizellen ausgewählt, die man zum Wachsen bringen kann. Dann kommt noch eine Spritze dazu, die den Eisprung verhindert, damit alles planbar ist. Zwischendurch macht man immer wieder Ultraschalluntersuchungen.
Um den vierzehnten Tag des Zyklus erfolgt dann die Eizellenentnahme und die Befruchtung in der Petrischale. Drei bis fünf Tage danach erfolgt der Embryotransfer. Nach weiteren fünfzehn Tagen nimmt man Blut ab, um zu ermitteln, ob ein positiver Schwangerschaftstest vorliegt.
Für wen ist IVF geeignet?
Dr. Schenk: Die künstliche Befruchtung ist für alle Paare geeignet, für die es auf natürlichem Weg nicht geklappt hat. Ein Vorteil der IVF-Befruchtung ist auch, dass man quasi das „Vergnügen der Auswahl“ hat. Das heißt, man bringt wie bereits erwähnt alle rekrutierten Follikel in dem Zyklus zum Wachsen und kann dadurch zwischen den Eizellen jene finden, die sowohl in der Morphologie als in der Morphokinetik besonders vielversprechend sind.
Haben Sie eine Take-Home-Message für alle Paare mit unerfülltem Kinderwunsch?
Dr. Schenk: Meine Take-Home Message ist, auch wenn es unromantisch klingt, den Familienplan in den Karriereplan aufzunehmen. Je älter man wird, desto weniger genetisch fitte Eizellen hat man als Frau zur Verfügung und deswegen sollte man nicht vergessen, dass das optimale Zeitfenster, um schwanger zu werden, eigentlich in den 20ern liegt. Wenn das aber nicht karriereverträglich ist oder der optimale Partner noch nicht da, sollte man das einfach im Hinterkopf behalten und dann eben, sollte man mit Mitte 30 eine Schwangerschaft planen und es nicht rechtzeitig klappen, besser zu früh als zu spät einen/eine Kinderwunschexpert*in aufsuchen.
Vielen Dank für das Interview und die spannenden Insights zum Thema Kinderwunsch & künstliche Befruchtung!
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